26. Mär 2019
Eine Krebserkrankung führt meist für die Betroffenen zu einem – zumindest empfundenen – Verlust an Lebensqualität. Oftmals nimmt dabei auch die körperliche Aktivität ab; man hat weniger Lust, zum Sport zu gehen, Spaziergänge zu machen, sich zu bewegen. Zunehmend wird allerdings davon ausgegangen, dass Sport und Bewegung eine zentrale Rolle nicht nur in der Aufrechterhaltung der Lebensqualität, sondern auch tatsächlich in der Förderung des Genesungsprozesses zukommt.
Die Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) verweist in einer aktuellen Pressemitteilung auf eine Studie, die den Nutzen von Sport speziell in der Krebstherapie untersucht.
Beobachtungsstudien zeigten für verschiedene Krebsformen, dass körperliche Aktivität sowie gezieltes Training mit einem Rückgang des Krebsrückfall-Risikos und sogar der Mortalität einhergehen. Gleichermaßen scheinen Bewegung und gezieltes Training die Wirksamkeit aller gezielten Krebstherapien zu verstärken, also der Chemo- und Immuntherapien sowie der Strahlentherapie.
Tumorwachstum und Metastasierung sind abhängig von der Bildung neuer Blutgefäße. Diese findet jedoch, anders als in gesunden Geweben, bei Krebs planlos und ungeordnet statt. Es entstehen sehr dünne, verknäuelte, unreife, teilweise undichte Gefäße und außerdem viele Kurzschlussverbindungen (sogenannte Shunts), die dazu führen, dass sich das sauerstoffreiche Blut nicht ausreichend im Tumorgewebe verteilen kann, sondern abfließt.
Es kommt zu Sauerstoffmangel und Übersäuerung des Tumorgewebes, was wiederum die tumoreigene Gefäßneubildung sowie die Aggressivität der Krebserkrankung anregt. Eine weitere Begleiterscheinung ist u. a. auch das häufig auftretende Tumor-Fatigue-Syndrom. Das zeichnet sich durch eine allumfassende Erschöpfung, Kraft- und Antriebslosigkeit sowie ständige Müdigkeit aus, die sich durch Schlaf nicht bessert. Konzentrationsschwäche, Angst, Depressivität und weitere Symptome können hinzukommen und das tägliche Leben der Betroffenen stark einschränken.
»Die Fatigue-Problematik gilt als eine Hauptursache einer reduzierten Lebensqualität und ist eine häufige Begleiterscheinung einer Tumortherapie und der Tumorbehandlung«, erklärt Frau Prof. Dr. Stephanie Combs, DEGRO-Pressesprecherin. »Auch während einer Strahlentherapie kann es zum Fatigue-Syndrom kommen.«
Es gibt derzeit keine Medikamente, die gezielt und nachweislich ein Fatigue-Syndrom heilen können. Wirksame Möglichkeiten, die Symptome zu bessern bzw. aufzuhalten, sind aber Bewegung bzw. körperliche Aktivität und gezielte, sportliche Betätigung. Sport trägt zu einer nicht-pharmakologischen Modulierung bzw. Regulierung des Mikromilieus im Tumor bei.
»Die Evidenz zu den positiven Effekten sportlicher Aktivität gilt heute als so stark – besonders bezüglich Fatigue und Lebensqualität, aber zunehmend auch hinsichtlich des Ansprechens von Chemo- und Strahlentherapien, einer Rückfallprophylaxe und dem Überleben, dass wir als Fachgesellschaft allen Bestrahlungspatienten/innen sportliche Aktivität empfehlen«, so Prof. Dr. Wilfried Budach, Düsseldorf, Präsident der DEGRO.
Grundsätzlich wird eine Kombination aus Ausdauer- und allgemeinem Krafttraining empfohlen. Es sollte eine individuell geeignete Sportart gefunden und das Anforderungsniveau allmählich gesteigert werden. Am besten geeignet ist ein Training unter Anleitung auf dem aktuellen Leistungsstand. Das kann zunächst ein täglicher 10-minütiger Spaziergang sein, aber auch dreimal wöchentliches Joggen.
Natürlich können bestimmte Situationen Trainingspausen erfordern, wie frische Wundheilung oder Komplikationen wie Fieber oder Infektionen. Bei Knochenmetastasen besteht unter Umständen eine erhöhte Frakturgefahr durch ungeeignete Sportarten. Manchmal müssen bei/nach einer Bestrahlung spezielle Gegebenheiten berücksichtigt werden, denn starkes Schwitzen, reibende Kleidung oder Chlorwasser können die Haut zusätzlich reizen.
»Die Erkenntnisse zum positiven Einfluss von körperlicher Bewegung und Sport bei Krebspatienten sind ganz besonders wichtig bei der Patientenberatung; leider raten einige Onkologen und Hausärzte noch immer eher zu körperlicher Schonung«, betont Frau Prof. Dr. Combs abschließend.